Die Rente ist sicher

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Totgesagte leben länger: Der alte Spruch gilt für die umlagefinanzierte gesetzliche Rente, die in der Finanzkrise plötzlich wieder als Modell gehandelt und von der OEVD jedem ihrer 30 Mitgliedstaaten zur Nachahmung empfohlen wurde. Er gilt aber auch für die Betriebsrente.

Uwe Saßmannshausen - Geschäftsführender Gesellschafter - PS-Pension Solutions GmbH

Uwe Saßmannshausen – Geschäftsführender Gesellschafter – PS-Pension Solutions GmbH

Wachsende Konkurrenz, höherer Kostendruck: In den 80er- und 90er-Jahren stiegen immer mehr Firmen aus der damals fast ausschließlich vom Arbeitgeber finanzierten betrieblichen Altersversorgung (bAV) aus. Mit der Rentenreform 2001 wurde das Modell wieder eingeführt; seit 2002 muss jedes Unternehmen mindestens eine Variante der Betriebsrente anbieten. Laut TNS Infratest hat inzwischen jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigter einen entsprechenden Rentenanspruch. Das Konzept ist Erfolg entsprechend: „Es gibt keine Form der Altersvorsorge, die zugleich ähnlich flexibel, sicher und lukrativ ist“, sagt Uwe Saßmannshausen, Geschäftsführer des unabhängigen Beratungsunternehmens PS-Pension Solutions GmbH. Arbeitnehmer können die Raten zur Direktversicherung jederzeit der individuellen Lage anpassen. „Die Personalabteilung sehen es nicht gern, aber im Grunde könnte der Beitrag monatlich verändert werden“, so der bAV-Experte. Berufsunfähigkeits-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenschutz können genauso integriert werden wie Dynamisierung, vermögenswirksame Leistungen oder Riester-Förderung. Dem inzwischen üblichen Jobhopping trug der Gesetzgeber Rechnung, die Rente ist auch für den ‚Fall einer Pleite des Unternehmens sicher, und die konservative Anlagepolitik in der Betriebsrente hat sich bislang bestens bewährt.

Anders als früher ziehen sich die Arbeitgeber mehr und mehr aus der Finanzierung zurück. Nur knapp zwei Fünftel aller künftigen Betriebsrentner spart heutzutage allein die Firma. Die anderen greifen zumindest teilweise aufs eigene Nettogehalt zurück. Trotzdem: Dank staatlicher Hilfen kommt auch so eine nette Summe für das Leben nach der Arbeit zusammen.

Die Formel für die Aufbesserung der Rente heißt Entgeltumwandlung. Dabei können Arbeitnehmer bis zu 2592 Euro im Jahr aus ihrem Bruttoeinkommen steuer- und sozialabgabenfrei in ihre Vorsorge umleiten. Zahlt ein Single mit einem Bruttogehalt von 3600 Euro beispielsweise 200 Euro monatlich an Beiträgen, belastet ihn das netto nur mit 81 Euro. Ersparnis: 119 Euro Steuern und Abgaben monatlich. Für Führungskräfte ist deutlich mehr drin als die geförderten Jahresbeiträge von rund 2600 Euro. Fünf vom Staat subventionierte Modelle gibt es: Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Direktzusage oder Unterstützungskasse. Der Arbeitgeber entscheidet, welche Variante er anbietet. Großbetriebe haben früher meist Direktzusagen gegeben, und mit 54 Prozent des Gesamtvolumens ist diese Variante nach wie vor die häufigste Form. Kleine Unternehmen scheuen den damit verbundenen Verwaltungsaufwand und bieten bevorzugt Direktversicherungen an. Die größeren zeihen inzwischen mehr und mehr nach.

Die Direktversicherung ist die simpelste Form der bAV. Der Arbeitgeber schließt für den Arbeitnehmer eine Rentenversicherung ab. Das Rechnet sich immer, auch wenn der Arbeitnehmer die Beiträge selbst finanziert: ER spart Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Interessanter wird es, wenn sich der Arbeitgeber beteiligt. Das muss diesen nicht einmal etwas kosten. Wenn der Mitarbeiter Gehalt umwandelt, spart auch der Arbeitgeber seine Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen. Bei 2400 Euro jährlichen Entgeltumwandlungen und einer Abgabequote von 20 Prozent macht dies für den Arbeitgeber 480 Euro Ersparnis im Jahr, die er an den Arbeitnehmer weiterreichen kann.

DEM SPITZENSTEUERSATZ ENTGEHEN

„Unternehmen nutzen die bAV auch als Mittel der Personalpolitik“, sagt Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersversorgung. Die im TecDax gelistete Roth & Rau AG etwa zahlt im Monat für jeden der 650 Beschäftigten 50 Euro in eine Direktversicherung. Wer mag, kann aufstocken. „Unsere Mitarbeitet sind hoch spezialisiert und der Schlüssel für unseren Erfolg“, sagt Finanzchef Carsten Bovenschen. Die auf Produktionsanlagen für die Solarindustrie spezialisierte Gesellschaft rekrutiert ihre Spitzenkräfte in ganz Europa. Die will man langfristig binden und versucht dies über zusätzliche Pensionszusagen. „Die betriebliche Altersvorsorge bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, High Potentials mit attraktiven Incentives zu motivieren“, sagt Norbert Steinle, bAV-Experte bei der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner. Hintergrund: Über Unterstützungskassen oder Direktzusagen sind Beiträge in nahezu unbegrenzter Höhe steuerlich absetzbar. So könnten Tantiemen oder Boni der Leistungsträger steuerlich optimiert werden, meint Steinle. Führungskräfte sollten das bei Vertragsverhandlungen mit ihrem Arbeitgeber nicht aus dem Auge verlieren.

Besserverdiener sparen dann zwar keine Sozialabgaben mehr, entgehen aber dem Spitzensteuersatz. Wer bei einem Monatseinkommen von 7200 Euro monatlich 600 Euro aus dem Bruttogehalt abführt, verzichtet netto nur auf gut 300 Euro. Nach 30 Jahren ergibt sich bei einer durchschnittlichen Verzinsung von vier Prozent ein Vermögen von gut 400 000 Euro. Das wiederum reicht für deine lebenslange Rente von etwa 1600 Euro. Beider Auszahlung fallen zwar Steuern und Krankenversicherungsbeiträge an – die sind dann aber in der Regel deutlich niedriger als in der aktiven Zeit.

Wer die bAV an eine Riester-Förderung koppelt, verschenkt Vorteile. Denn Betriebsrenten mit Rister-Förderung sind für Arbeitnehmer krankenversicherungspflichtig. Zudem dürfen private Riester-Sparer ihre Vorsorgeleistungen als Sonderausgaben geltend machen. „Wer kann, sollte beide Förderungswege separat nutzen“, rät Saßmannshausen.

Ein Arbeitgeber für ein ganzes Leben – diese Erwerbsbiografie ist selten geworden. Entsprechend hat der Gesetzgeber die Regeln in der bAV gelockert. Für einen dauerhaften Anspruch auf eine arbeitgeberfinanzierte Rente mussten Mitarbeiter früher mindestens zehn Jahre im Unternehmen sein; heute reichen fünf für dies sogenannte Unverfallbarkeit von Ansprüchen aus. Wer die Vorsorge selbst finanziert, muss gar keine Fristen beachten. Den Barwert ihrer Zusagen können Mitarbeiter bei einem Jobwechsel leichter mitnehmen als früher, ohne neuerliche Abschlusskosten.

Die konservative Anlagepolitik aller bAV-Spielarten mit durchweg geringen Aktien- und hohen Rentenquoten hat sich in der Krise bewährt. „Es gab lediglich Dellen, aber keine Löcher“, fasst Klaus Stiefermann zusammen. Zwar wirkt sich der Crash am Kapitalmarkt auf künftige Überschussbeteiligungen aus, sodass auch die Betriebsrenten magerer ausfallen dürften als in den guten Jahren gedacht. Verluste müssen Rentner indes nicht befürchten. Bei den konservativ ausgerichteten Direktversicherungen oder Pensionskassen ist eine Mindestverzinsung 2,25 Prozent garantiert. Selbst bei Pensionsfonds, die unbegrenzt in Aktien investieren dürfen, ist das eingezahlte Kapital sicher. Je nach Ausgestaltung greift auch bei Direktzusage und Unterstützungskasse die Kapitalgarantie, teils sogar eine Mindestverzinsung. Wird das Geld in den Unternehmen knapp, können Arbeitgeber ihren Zuschuss zukünftig zwar zurückfahren oder streichen, einmal gemachte Zusagen sind jedoch unantastbar. Selbst Unternehmenspleiten bringen die Betriebsrente nicht in Gefahr. Einlagen in Direktversicherung oder Pensionskasse fließen aus dem Unternehmen zu Versicherern, die Rücklagen für die Rente gehören nicht zu Konkursmasse. Die Policen unterliegen den Regelungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Geraten die Versicherer in Schieflage, springt wie bei anderen kapitalgedeckten Versicherungen die Auffanggesellschaft Protektor ein. Arbeitgeber, die Unterstützungskasse, Direktzusage oder Pensionsfonds anbieten, stehen nicht nur mit dem Betriebsvermögen gerade. Sie sind zudem verpflichtet, die Renten über den Pension-Sicherungs-Verein (PSVag) abzusichern. Bei Insolvenz übernimmt der Zahlungen bis zu einer maximalen Rente von 7500 Euro monatlich.

Beruhigend für alle Betriebsrentner:

Auch bei langer Arbeitslosigkeit bleibt das zugesagt Ruhegeld erhalten. Es ist selbst dann vor dem Zugriff der Behörden geschützt, wenn Arbeitslosengeld II beantragt wird. Guthaben aus privaten Lebens- oder Rentenversicherungen müssen dagegen bis auf eine kleine eiserne Reserve aufgebraucht werden, bevor der Staat einspringt.

Trotz solcher Vorzüge – ein Renner ist die Entgeltumwandlung bei den meisten Arbeitnehmern nicht. „Bisher nutzen gerade einmal zehn Prozent der Beschäftigten den Gestaltungsspielraum“, sagt bAV-Experte Saßmannshausen. Hoffnung auf mehr Einsicht besteht allerdings. In einer aktuellen repräsentativen Umfrage der Postbank haben mit 45 Prozent fast die Hälfte der Deutschen die bAV als „ideale Form der Alterssicherung“ identifiziert. Jeder Dritte hält sie für besonders sicher – so viel wie nie seit Beginn der jährlichen Umfrage vor sechs Jahren. Nur gesetzliche Rente und Eigenheim stehen in de Augen der Befragten besser da.

Checkliste – darauf sollten Sie achten:

Rechtslage. Macht der Arbeitgeber kein Angebot zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV) oder informiert nicht hinreichend, kann der Arbeitnehmer seine Ansprüche einklagen, ebenso entgangene Sozialversicherungs- und Steuerersparnis sowie Kapitalisierungszeiten.

Bedürfnisse definieren. Die bAV ist eine reine Altersvorsorge, Beiträge sind nicht beleihbar. Wer sie kündigt, zahlt Steuervorteile und gesparte Abgaben nach.

Riester oder Betriebsrente. Wer viel Steuern zahlt, fährt mit der bAV gut. Kinderreiche profitieren besonders von Riester-Zulagen. Wer kann, nutzt beide Förderungen. Vermögenswirksame Leistungen lassen sich integrieren.

Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder Elternzeit. Versicherte können Policen ruhen lassen. Das ist nicht ratsam, wenn Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit mitversichert ist. Einige Anbieter verlangen bei Wiedereinstieg neue Gesundheitsprüfungen und erhöhen die Prämien. Es lohnt sich, den Mindestbetrag von 25 Euro weiter zu entrichten.

Jobwechsel. Bei Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds ist die sogenannte Portabilität garantiert. Aber: Das gilt nur für den Wert der bisherigen Zusage, nicht für Vertragsbedingungen. Möglich also, dass der Garantiezins niedriger ausfällt oder dem vom neuen Arbeitgeber angebotenen Vertrag eine andere Sterbetafel zugrunde liegt. Wer Einbußen befürchtet, kann den Vertrag weiter bedienen, aber ohne Steuervorteile. Besser: den neuen Arbeitgeber bitten, als Versicherungsnehmer in den alten einzuspringen.

Erschienen in: Capital, 10/2009
Von: Birgit Wetjen, Heinz-Peter Arndt