Die Betriebsrente ist gut abgesichert

WELT-Gruppe_Logouebersicht.indd

 

 

Viele Unternehmen werden den Rentnern in den kommenden Jahren jedoch die Anpassung an die Inflationsrate verweigern.
Uwe Saßmannshausen - Geschäftsführender Gesellschafter - PS-Pension Solutions GmbH

Uwe Saßmannshausen – Geschäftsführender Gesellschafter – PS-Pension Solutions GmbH

Die Betriebsrentner des Autozulieferers Ymos haben allen Grund zu feiern: Trotz wirtschaftlich schwieriger Zeit und prekärer Lage des Unternehmens muss die Firma ihren ehemaligen Mitarbeitern ihre Betriebsrente zahlen. Fehlende Leistungsfähigkeit sei kein Grund, sich von übernommenen Zahlungspflichten zu lösen, urteilte das hessische Landesarbeitsgericht in der vergangenen Woche. Ymos ist kein Einzelfall. Immer mehr Unternehmen geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Daher fragen sich immer mehr Arbeitnehmer: Wie sicher ist meine Altersvorsorge über den Betrieb überhaupt noch? Muss ich mich auf Kürzungen einstellen? Pauschal lässt sich das nicht einfach beantworten. Denn je nach Art der Betriebsrente – es existieren fünf verschiedene sogenannte Durchführungswege – sind die Anwartschaften der Arbeitnehmer unterschiedlich abgesichert (siehe unten). „Doch letztendlich ist keine Kapitalanlage auch nur annähernd so gut abgesichert wie die betriebliche Altersvorsorgung“, sagt Uwe Saßmannshausen, Geschäftsführer der PS Pension Solutions GmbH.

Denn selbst im Fall einer Insolvenz des Arbeitgebers oder der Versorgungseinrichtung sind die Betriebsrentenansprüche abgesichert. Zudem können die Rentenansprüche der Mitarbeiter nicht einfach gekürzt werden. „Grundsätzlich sind die Anwartschaften und die laufenden Rentenansprüche aus Betriebsrenten geschützt“, sagt Andreas Walle, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Hamburg.

Pensionssicherungsverein

Geht ein Unternehmen Pleite, springt bei Direktzusagen, Unterstützungskassen oder Pensionsfonds der Pensionsversicherungsverein (PSV) ein. „Durch diesen ist die monatliche Betriebsrente bis zur Höhe von 7455 Euro im Westen und bis zu 6300 Euro im Osten geschützt“, sagt Fachanwalt Walle.

Dies ist in der Vergangenheit beispielsweise nach den Insolvenzen von AEG, Philipp Holzmann, Fairschild Dornier oder Babcock-Borsig geschehen. „Der Pensionssicherungsverein hat seit seiner Gründung 1974 schon viele Unternehmensinsolvenzen aufgenommen“, sagt Frank Neuroth, verantwortlicher Vorstand bei der Ergo-Versicherungsgruppe für die betriebliche Altersvorsorgung.

Bereits heute erhalten rund 450 000 Betriebsrentner ihre Rente von PSV und nicht von ihrer ehemaligen Firma. Im Schnitt erhält jeder Ruheständler vom Pensionssicherungsverein 130 Euro im Monat.

Verfallbare Ansprüche

Der PSV zahlt jedoch nur dann, wenn folgende beiden Bedingungen erfüllt sind: „Die Ansprüche aus Betriebsrenten bleiben bei einem Ausscheiden nur dann bestehen, wenn die Versorgungszusage mindestens fünf Jahre besteht und der Arbeitnehmer zudem das 25. Lebensjahr vollendet hat“, sagt der Hamburger Fachanwalt Walle. Diese Altersgrenze gilt für alle ab 2009 abgeschlossenen Betriebsrenten.

Wer bereits vor 2009 über den Betrieb fürs Alter vorgesorgt hat, muss zum Zeitpunkt der Insolvenz das 30. Lebensjahr vollendet haben.

Doch Arbeitnehmer, die ihre Betriebsrente über die sogenannte Entgeltumwandlung ohnehin aus eigener Tasche finanzieren, haben seit 2001 immer sofort einen unverfallbaren Anspruch. Ein Totalverlust der Ansprüche droht nur, wenn ausschließlich der Arbeitgeber in den Vorsorgevertrag eingezahlt hat und die beiden genannten Bedingungen nicht erfüllt werden.

Wer über eine betriebliche Direktversicherung fürs Alter vorsorgt, ist im Fall einer Insolvenz durch Protektor, den Sicherungsfonds der Lebensversicherer, geschützt. In einigen wenigen Fällen springt auch der Pensionssicherungsverein ein.

Wie das Beispiel der ehemaligen Ymos-Mitarbeiter zeigt, kann das Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Rentenzahlungen nicht einfach reduzieren oder gar ganz aussetzen. „Der Arbeitgeber ist in der Leistungspflicht. Bereits erworbene Betriebsrentenansprüche sind sicher“, sagt Neuroth.

Die Finanzkrise bringt derzeit zwar insbesondere Unternehmen in die Bredouille, die Direktzusagen gegeben haben und diese an externe Pensionsfonds oder Treuhandgesellschaften ausgelagert haben. Diesen Weg haben in den vergangenen Jahren auf Druck angelsächsischer Rating-Agenturen viele Konzerne gewählt, um bilanziell besser dazustehen.

Im vergangenen Jahr ist der Grad der Kapitaldeckung von Pensionsverpflichtungen bei Dax-Unternehmen von durchschnittlich 71 auf 64 Prozent zurückgegangen so eine Studie der Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin (RTP). „Bei den betrieblichen Versorgungswerken hat die gesamtwirtschaftliche Situation Spuren hinterlassen.

Der Kursverfall an den Aktienmärkten schlägt direkt auf die extern kapitalgedeckten Pensionsvermögen der Unternehmen durch“, sagt Thomas Jasper, Principal bei RTP. Dieser Umstand kann in einigen Unternehmen zu schlaflosen Nächten führen. Doch Arbeitsnehmer müssen sich von diesen Zahlen nicht verunsichern lassen. „Bereits erworbene Betriebsrentenansprüche sind sicher“, sagt Neuroth.

Betriebsrentenanpassung

Nichts desto trotz werden in den kommenden Jahren viele Betriebsrentner ihren Gürtel enger schnallen müssen. Die Unternehmen sind zwar verpflichtet, alle drei Jahre zu prüfen, ob die gezahlten Renten an die Inflationsrate oder an die Nettolöhne angepasst werden müssen. In jüngeren Verträgen haben Unternehmen sich häufig zu einer Anpassung der Renten um mindestens einen Prozentpunkt im Jahr verpflichtet.

„Dann entfällt eine turnusmäßige Überprüfung“, sagt Walle. Doch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten können die Unternehmen die Anpassung der Betriebsrenten auslassen. „Das Unternehmen muss keine Anpassung vornehmen, wenn etwa der Wertzuwachs nicht aus eigenen Gewinn erzielt werden kann“, sagt Walle. Eine prekäre Schieflage des Unternehmens ist für eine Nichtanpassung der Betriebsrenten nicht erforderlich.

„Viele Firmen werden daher die Finanzkrise als Grund nutzen, um eine Anpassung zu umgehen“, fürchtet Karlheinz Große vom Bundesverband der Betriebsrentner. Bereits in den vergangenen Jahren hätte es immer Firmen gegeben, die auf wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen verwiesen haben, um nicht mehr zahlen zu müssen. Werden die Renten bei steigenden Preisen nicht erhöht, bekommen die Betriebsrentner dies deutlich zu spüren.

Erschienen in: Die WELT, 23.07.2009
Von: Barbara Brandstetter